Augenhell

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Augenhell

Im Gras liegen.

Lachen.

Das Kleid über den Kopf ziehen.

Vom schrägen Ufer aus ins Wasser stürzen.

Und endlich begreifen:

Der Ausstieg war.

An der Zeit.

Reif.

Jetzt kann ich

Endlich wieder

Über Hochmoore gehen.

Und versinke nicht

Im Morast.

Sondern suche

Wie in Kindertagen

Nach Kaulquappen.

Trage sie

Im Weckglas schaukelnd

Über Feldwege

Hinter den Hasenstall,

An dem der Löwe zahnt.

Jetzt kann ich

Endlich wieder

Die Brut pflegen.

Und verfange mich

Nicht!

In Netzen.

Sondern

Ich stürze

Vom schrägen Ufer aus

Ins Wasser.

Jetzt kann ich

Endlich wieder

Augenhell

Ans andere Ufer

schwimmen.

jbs 2ooo fünfzehn

Itzig Manger – Abendlied

... Ein Schatten und ein Schein - ein Augenblick von Dunkelgold ... 2ooovierzehn

… Ein Schatten und ein Schein –
ein Augenblick von Dunkelgold …

Abendlied
Stiller Abend. Dunkelgold.
Ich sitz beim Gläschen Wein.
Was ist geworden aus meinen Tagen?
Ein Schatten und ein Schein –
ein Augenblick von Dunkelgold
soll in mein Lied hinein.
Stiller Abend. Dunkelgold.
Ein Jude, alt und grau,
betet fromm den Staub
von dem Jahrmarkt fort –
soll doch ein Murmeln vom gebet
hinein zu mir ins Lied.
Stiller Abend. Dunkelgold.
Wind, weltaus, weltein.
Die Trauer, die gewesen wach,
schläft wie ein Küken ein –
soll doch ein Atem seines Schlafs
zu mir ins Lied hinein.
Stiller Abend. Dunkelgold.
Davon ein Sommervogel fliegt,
mit Flügeln grau und gold,
und fort nach >>Gott behüt<< –
soll doch ein Zittern seines Flugs
hinein zu mir ins Lied.
Stiller Abend. Dunkelgold.
Ich sitz beim Gläschen Wein.
Was ist geworden aus meinen Tagen?
Ein Schatten und ein Schein –
ein Augenblick von Dunkelgold
soll in mein Lied hinein.

aus: Itzig Manger, „Dunkelgold“ Gedichte, Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 2004, Seite279

Heckenrosenstrauch – Paula Ludwig

Heckenrose 2ooofünfzehn

Heckenrose 2ooofünfzehn

Als ich stürzte

in einen Heckenrosenstrauch.

Nun weiß ich nicht

was mich gefangen hält:

Sind es die zarten Dornen

oder der wilde Rosenduft.

Paula Ludwig

zitiert aus: „Dem dunklen Gott – Ein Jahresbericht der Liebe“ von Paula Ludwig, Seite 15

Langewiesche-Brandt Verlag 1974

O, schafft Stille! Søren Kierkegaard

Bodensee

Bodensee

In dem Online-Magazin „Glanz&Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik“ ( hier ) fand ich folgende Aussage von Søren Kierkegaard:

Alles lärmt

Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen

von Søren Kierkegaard

… und wie man von einem hochprozentigen Getränk sagt, es bringt das Blut und Wallung, so ist in unserer Zeit alles.

Selbst die unbedeutendste Handlung und die nichtssagendste Mitteilung, bloß darauf ausgerichtet, die Sinne zu erschüttern oder die Masse, die Menge, das Publikum, den Lärm zu erregen!

Und der Mensch, dieser gescheite Kopf, ist gleichsam schlaflos geworden, um immer neue Mittel zu erfinden, um den Lärm zu verstärken und mit größtmöglicher Haust und im größtmöglichen Maßstab den Krach und das Nichtssagende zu verbreiten.

Ja, das Umgekehrte ist sicher bald erreicht: Die Mitteilung ist bald auf das niedrigste Niveau an Bedeutung gebracht, gleichzeitig haben die Mitteilungsmittel wohl das höchste Niveau an Schnelligkeit und alles überschwemmender Verbreitung erreicht; denn was hat wohl solche Eile herauszukommen, und auf der anderen Seite, was hat denn eine größere Verbreitung als: Gequatsche! O, schafft Stille!

Aus: Erbauliche Reden 1850/51.